Sie sind jetzt hier:

Presseartikel 20. Februar 2012

 

Goslarsche Zeitung

 

Celloklänge helfen im Kampf gegen Obdachlosigkeit

 

Thomas Beckmann gibt ein Konzert im St. Annenhaus zugunsten der Zille –
100 Besucher sind schwer beeindruckt

Von Joachim Dürich

 

GOSLAR. Seinen dritten Goslar-Besuch musste der weltberühmte Cellist Thomas Beckmann witterungsbedingt etwas verspätet beginnen, was die zahlreichen Besucher im ausverkauften St. Annenhaus gern mit größtem Verständnis erwartungsfroh aufnahmen. Da konnten die Zille-Leiterin Evelin Vopel und der Förderkreissprecher Eckart Beutnagel das Engagement dieses hochkarätigen Künstlers, der inzwischen schon über 1,5 Millionen Euro „gegen die Kälte" für arme und obdachlose Menschen eingespielt hat, nur nochmals deutlich betonen und ebenso loben, wie Bürgermeister Axel Siebe, der auch gern an städtische Erfolge im Kampf gegen die Obdachlosigkeit erinnerte. Bevor Thomas Beckmann nun sein erlesenes Programm beginnen konnte, musste er noch in aller Kürze das Resonanz verstärkende Podest zusammen mit seiner Frau aufbauen, in den Frack schlüpfen, das Cello stimmen und dann in erkennbar höchster Konzentration und mimischer Spielfreude sein Instrument singen und erzählen lassen. Mit einem Gruß aus seiner Heimat Düsseldorf schwebten zarte Klangkaskaden in das wunderschöne St. Annenhaus, in dem es dem Cellisten spontan außerordentlich gut gefiel, was ihn bestens für das stimmungsweite Konzert motivierte. Die beliebte Cello-Sonate e-Moll von Vivaldi begeisterte in ihren vier Sätzen in großer Ausdrucksschönheit. Die Largo-Sätze gingen in ihrer emotionalen Traurigkeit tief ins Gemüt, ohne je larmoyant zu wirken, sie waren ergreifend ehrlich, während in den Allegro-Sätzen mal tänzerische Freude dann auch wieder streng geordnete Strukturen dominierten. Das alles zelebrierte Beckmann in faszinierender Technik mit oft kaum vorstellbaren Lauffiguren über alle vier Saiten bis in höchste Höhen verziert. Sechs Tänze aus verschiedenen Kulturregionen bilden die bekannte Suite von Bach, die das Cello, wie er selbst sagt, uns farbenfroh tänzerisch darbot. Im Französischen agil und spritzig, spanisch dann höfisch und vornehm galant, im deutschen Stil eher korrekt, mit zirkelgenauen Figuren gefielen dabei mehr und mehr akrobatische Läufe, spannende Doppelgriffe und stimmungsbauende Phrasierungen. Nach der Pause mit Getränken und Häppchen, die von ehrenamtlichen Helfern charmant serviert wurden, kam der große Charly Chaplin mit seinen bekannte Filmmelodien und -humoresken, die Beckmann sehr launig anmoderierte, klang-schön zum Leben. Zart-singend und verträumt denkt das Blumenmädchen in zauberhaften Höhen an seinen Retter, der in der Romanze „Oh, that cello" als scheuer Vagabund in den tieferen Lagen schüchtern antwortet, während der jüdische Friseur etwas verlegen, jedoch sehr selbstbewusst anschließend dem „Großen Diktator" seinen Standpunkt hörbar inhaltsträchtig und ehrlich klarmacht. Echte Heiterkeit boten danach die sechs Sätze in fünf Minuten über musische und menschliche Schwächen, die der mit Benefiz-Tourneen voll ausgebuchte Künstler betont liebevoll und stets mit der passenden Prise Humor kredenzte, dann noch drei Zugaben als Dank für die herzliche Aufnahme und den großen Applaus spendierte, bevor dieses insgesamt wohl drei Stunden dauernde Konzerterlebnis mit nachhaltigem Eindruck für alle 100 Besucher ausklang.