Presseartikel 1.Februar 2015

 

GOSLARSCHE ZEITUNG

 

Weite wider der Engstirnigkeit

 

800 Menschen trauern um Pfarrer Reinhard Brückner

Von Sabine Kempfer

 

GOSLAR. Mit einer bewegenden Trauerfeier nahm Goslar gestern in einer randvoll gefüllten St. Stephani-Kirche von Reinhard Brückner Abschied; rund 800 Menschen nahmen teil und Anteil. Weiße Rosen und Lilien bedeckten den hellen Sarg im Altarraum der Kirche, in die von draußen freundliches Licht leuchtete. Die Schlange derer, die dort von „Brücki" Abschied nahmen, wollte nicht enden. Eine viertel Stunde vor Beginn der Andacht wurden zusätzliche Stühle in die Reihen getragen. „Er ist nur 58 Jahre alt geworden. Das bringt uns aus der Fassung. Wir wollen diesen Menschen nicht verlieren." Treffender hätte der ehemalige Propst Helmut Liersch die Gefühle der Trauernden wohl nicht wiedergeben können. „Es ist ein ungeheurer Verlust." Mehrere Geistliche beteiligten sich aktiv an dem Gottesdienst, gefühlte Heerscharen von Geistlichen wohnten ihm bei, darunter Oberlandeskirchenrat Thomas Hofer. Dennoch war es nicht der Pfarrer, sondern der Mensch, der gestern im Mittelpunkt stand. „Brücki" war ein „begeisterter Vater", auch ein Vater des Konfirmandenferienseminars, und ein „Berliner Kind mit Herz", sagte Liersch, einer, dem die Mutter gesagt habe: „Du gehst mal zum Zirkus." Am Ende gab er dem Pfarrer den Vorrang; auch vorm Piloten. „Normale" Gottesdienste fand Brücki langweilig, ungewöhnliche waren ihm lieber, für gute Ideen war er Feuer und Flamme und für „seine" Stephani-Kirche hatte er die Vision einer Theaterkirche. Von ihm stamme die Aussage, er wolle nicht ersticken in dieser Welt — Enge war ihm zuwider. Daher begleiteten seinen Abschied Sätze und Segenssprüche der Weite und Freiheit wie „Machet die Herzen weit" oder „Macht's Fenster auf, auf dass Ihr klug werdet." Mit Brücki blickte Goslar in die Weite - und das tat der Stadt gut. Das Leichte und das Schwere verbanden sich bei ihm, dem bewusst war: „Ich bin nicht ewig auf der Bühne." Obwohl er selbst ein Motor war, war er auch in der Lage, andere machen zu lassen: „Er traute ihnen etwas zu", stellte Propst Thomas Gunkel fest und schloss mit einem wunderbaren Bild: „Wäre er doch Pilot geworden, hätte er sicherlich den einen oder anderen ins Cockpit gerufen und gefragt: „Willst Du auch mal fliegen?"

 

800 Menschen trauern um Pfarrer Reinhard Brückner
Immer mehr Menschen füllten gestern die St. Stephanikirche, um Abschied zu nehmen. Foto: Epping